Fremdbesitzverbot: Was bedeutet das eigentlich?

Das deutsche Apothekengesetz (ApoG) legt detailliert fest, wer eine Apotheke besitzen und betreiben darf. Zentral ist hierbei das sogenannte Fremdbesitzverbot. Dieses besagt, dass nur approbierte Apotheker Apotheken führen dürfen.

Die Regelung soll sicherstellen, dass die pharmazeutische Verantwortung und die heilberufliche Tätigkeit nicht von wirtschaftlichen Interessen Dritter bestimmt werden. Im Mittelpunkt soll immer die Gesundheitsversorgung stehen – nicht die Gewinnmaximierung.

Die Apotheke wird dadurch rechtlich nicht als gewöhnlicher Gewerbebetrieb, sondern als heilberufliche Einrichtung betrachtet. Ihre Hauptaufgabe ist die sichere, sachgerechte und unabhängige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln.

Warum gibt es das Fremdbesitzverbot?

Das Fremdbesitzverbot hat eine lange Tradition und basiert auf dem Grundgedanken, dass Arzneimittelversorgung eine öffentliche Aufgabe ist.

Apotheker üben – ähnlich wie Ärzte – einen Heilberuf aus. Ihre berufsethische Verpflichtung besteht darin, das Wohl der Patienten über wirtschaftliche Interessen zu stellen.

Würden Kapitalgesellschaften oder branchenfremde Investoren Apotheken führen dürfen, bestünde die Gefahr, dass ökonomische Überlegungen Vorrang vor pharmazeutischen Entscheidungen erhielten.

Beispielsweise könnten gewinnorientierte Eigentümer Druck ausüben, bestimmte Präparate zu bevorzugen oder die Beratung zu verkürzen, um Kosten zu sparen.
Das Fremdbesitzverbot schützt davor, indem es sicherstellt, dass alle wesentlichen Entscheidungen in einer Apotheke von einem fachlich qualifizierten Apotheker getroffen werden.

Gesetzliche Grundlage

Die zentrale Rechtsnorm findet sich in § 7 Absatz 1 des Apothekengesetzes (ApoG):

„Die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller approbierter Apotheker ist und die Apotheke in eigener Verantwortung betreibt.“

Diese Vorschrift bedeutet:
Nur wer über eine Approbation als Apotheker verfügt, kann eine Apothekenbetriebserlaubnis erhalten.
Besitz und Leitung müssen also in einer Hand liegen – eine Trennung von Kapital und Verantwortung ist nicht erlaubt.

Damit sind Beteiligungen, stille Teilhaberschaften oder Einflussnahmen von Nicht-Apothekern grundsätzlich ausgeschlossen.

Auswirkungen auf Zusammenschlüsse und Rechtsformen

Das Fremdbesitzverbot wirkt sich deutlich auf die organisatorischen Möglichkeiten von Apotheken aus.

Wenn mehrere Personen gemeinsam eine Apotheke betreiben möchten, müssen alle Gesellschafter approbierte Apotheker sein.
Gesellschaftsformen wie die Offene Handelsgesellschaft (OHG) sind unter dieser Bedingung zulässig, weil alle Beteiligten gleichberechtigt handeln können.

Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder GmbH & Co. KG sind dagegen nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich.
Sobald Nicht-Apotheker Kapital oder Einfluss einbringen, verstößt die Konstruktion gegen das Fremdbesitzverbot.

In der Praxis hat sich daher die OHG zwischen Apothekern als die gängigste und rechtssichere Kooperationsform etabliert.

Filialen und Mehrfachbesitz

Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2004 dürfen Apotheker bis zu drei Filialapotheken neben ihrer Hauptapotheke betreiben.

Dabei gelten klare Regeln:

  • Alle Apotheken müssen demselben Apotheker gehören.

  • Die pharmazeutische Verantwortung trägt ausschließlich dieser Apotheker.

  • Eine Verpachtung oder der Verkauf an Nicht-Apotheker ist unzulässig.

Diese Vorschriften sollen verhindern, dass Kettenapotheken entstehen, wie sie in anderen Ländern üblich sind.
Der deutsche Gesetzgeber will sicherstellen, dass jede Apotheke eigenverantwortlich und heilberuflich geführt wird.

Praktische Bedeutung

Das Fremdbesitzverbot ist mehr als eine Formalvorschrift – es prägt den gesamten Apothekenmarkt in Deutschland.

Es sorgt dafür, dass:

  • Entscheidungen über Arzneimittel ausschließlich von Fachleuten getroffen werden.

  • Beratung und Versorgung nicht unter Renditezwang geraten.

  • Patienteninteressen Vorrang vor wirtschaftlichen Erwägungen haben.

  • Transparenz und Verantwortlichkeit gewährleistet bleiben, da der Inhaber persönlich haftet.

Durch diese Struktur unterscheidet sich der deutsche Markt von Ländern wie Großbritannien oder Schweden, wo große Apothekenketten dominieren.
In Deutschland bleibt die Apotheke eine persönlich geführte Einrichtung, was eine individuelle Beratung und hohe Fachkompetenz fördert.

Was ist erlaubt – und was nicht?

Erlaubt sind:

  • Zusammenschlüsse mehrerer Apotheker zu einer OHG

  • Einkaufskooperationen oder gemeinsame Marketingstrukturen, solange die Apotheken rechtlich unabhängig bleiben

  • Betrieb mehrerer Filialen durch einen Apotheker

  • Darlehen von Dritten, sofern sie keinen Einfluss auf Entscheidungen haben

Nicht erlaubt sind:

  • Beteiligungen von Nicht-Apothekern an Apotheken

  • Kapitalbeteiligungen durch Investoren oder Ehepartner ohne Approbation

  • Franchise-Modelle mit zentraler Leitung

  • Bildung von Kettenbetrieben im Eigentum von Kapitalgesellschaften

Rechtsprechung und Bestätigung durch Gerichte

Das Fremdbesitzverbot wurde mehrfach gerichtlich überprüft und bestätigt – sowohl durch das Bundesverfassungsgericht als auch durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die Gerichte betonten, dass die Arzneimittelversorgung eine Aufgabe der öffentlichen Gesundheitssicherung ist.
Nur approbierte Apotheker verfügen über das erforderliche Wissen, die Berufsethik und die Verantwortung, diese Aufgabe im Sinne der Patienten wahrzunehmen.

Fremdbesitzmodelle bergen nach Ansicht der Gerichte das Risiko, dass wirtschaftliche Interessen den Vorrang vor dem Patientenwohl erhalten.
Deshalb ist das Fremdbesitzverbot verfassungsgemäß und europarechtskonform.

Kritik und Diskussion

Trotz der klaren gesetzlichen Lage gibt es eine anhaltende Diskussion über die Zukunftsfähigkeit des Fremdbesitzverbots.

Befürworter sehen darin einen wichtigen Schutzmechanismus:

  • Er bewahrt die Qualität der Arzneimittelversorgung.

  • Er schützt die Unabhängigkeit des Apothekers.

  • Er verhindert die Entstehung anonymer Großketten.

  • Er stärkt das Vertrauen der Patienten in die persönliche Beratung.

Kritiker argumentieren hingegen, das Verbot sei nicht mehr zeitgemäß:

  • Es erschwere Wachstum und Innovation.

  • Es behindere den Zugang zu modernem Kapital.

  • Es schränke die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Apotheken ein.

  • In anderen Ländern hätten sich Investorenmodelle bewährt, ohne die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen.

Trotz dieser Einwände hält der deutsche Gesetzgeber am Grundsatz fest: Die pharmazeutische Unabhängigkeit hat Vorrang vor der wirtschaftlichen Öffnung des Marktes.

Fazit

Das Fremdbesitzverbot ist ein tragender Pfeiler des deutschen Apothekenrechts. Es stellt sicher, dass Apotheken von qualifizierten Heilberuflern geführt werden, die das Wohl der Patienten über wirtschaftliche Interessen stellen.

Kooperationen sind nur unter Apothekern zulässig, während Fremdbeteiligungen oder Investorenmodelle ausgeschlossen sind. Diese klare Regelung bewahrt die heilberufliche Ausrichtung und verhindert eine Kommerzialisierung der Arzneimittelversorgung.

In einer Zeit, in der wirtschaftlicher Druck und Wettbewerb stetig zunehmen, bleibt das Fremdbesitzverbot ein Garant für Unabhängigkeit, Verantwortung und Qualität in der deutschen Apothekenlandschaft.

Hinweis: Wer eine Apotheke gründen oder gemeinsam mit anderen führen möchte, sollte sich frühzeitig rechtlich beraten lassen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die gewählte Struktur gesetzeskonform ist und den hohen Anforderungen des Apothekengesetzes entspricht.

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