Die Apotheken-GmbH: Chance für den Nachwuchs oder Gefahr für die Qualität? Ein Überblick.

Einleitung:

Die Diskussion um die Zulassung von Apotheken-GmbHs ist aktuell ein heißes Thema im Gesundheitswesen. Befürworter sehen in dieser Gesellschaftsform eine Lösung für die Herausforderungen, mit denen Apotheken in Deutschland konfrontiert sind, während Kritiker vor den möglichen Risiken warnen. Der folgende Blogbeitrag stellt zwei entgegengesetzte Perspektiven hierzu vor: die kritische Haltung, die vor den Konsequenzen einer solchen Reform warnt, und die Ansicht, dass eine Apotheken-GmbH die Apothekenlandschaft dringend modernisieren könnte.

Position 1: Kritik an Apotheken-GmbHs – Ein riskantes Spiel mit dem Apothekensystem

Die Idee, Apotheken als GmbHs zuzulassen, wird von vielen als gefährlicher Schritt betrachtet, der das gesamte System der Arzneimittelversorgung destabilisieren könnte.

  • Verstoß gegen den Grundsatz des Fremdbesitzverbots: Das deutsche Apothekenrecht basiert auf dem Grundsatz, dass Apotheken nur von approbierten Pharmazeuten geführt werden dürfen. Eine GmbH würde diesen Grundsatz infrage stellen und eine Kapitalgesellschaft als Apotheker-Ersatz etablieren. Dies könnte das Vertrauen der Patienten in die persönliche Verantwortung und die Unabhängigkeit der Apotheker erschüttern.

  • Gefährdung der persönlichen Verantwortung: GmbHs sind juristische Personen, die von einer Geschäftsführung betrieben werden. Diese Entkoppelung der Haftung und Verantwortung von den Apothekeninhabern könnte das Vertrauen in die Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversorgung gefährden. Zudem würden Pharmazeuten nicht mehr in der gleichen Weise für ihre Entscheidungen haften, was zu einem Verlust der Qualität der Versorgung führen könnte.

  • Marktfokussierung auf wirtschaftlich attraktive Standorte: Eine GmbH würde wahrscheinlich nur in wirtschaftlich attraktive, gut laufende Apotheken investieren. In weniger profitablen Regionen oder strukturschwachen Gebieten könnten Apotheken zugunsten größerer Marktgewinne vernachlässigt werden, was zu einer Verschärfung der bestehenden Versorgungsprobleme führen könnte.

  • Potenzielle Aushebelung des Apothekengesetzes: Die Zulassung von Apotheken-GmbHs könnte als Türöffner für weitere Kapitalgesellschaften dienen. Wenn einmal GmbHs zugelassen werden, könnten auch andere Gesellschaftsformen wie Aktiengesellschaften (AGs) folgen, was das ursprüngliche Fremdbesitzverbot weiter schwächen würde.

  • Gefahr der „Liberalisierung“ des Apothekensystems: Schon der Versandhandel mit Arzneimitteln hat gezeigt, wie die schrittweise Liberalisierung eines Systems das gesamte Apothekenwesen auf den Kopf stellen kann. Eine Öffnung des Apothekensystems für GmbHs könnte ähnliche negative Folgen haben, indem es Kapitalinteressen und nicht die Patientenorientierung in den Vordergrund stellt.

  • Unvorhersehbare rechtliche und gesellschaftliche Folgen: Es ist nicht abzusehen, wie die Rechtsprechung auf eine mögliche Gesetzesänderung reagieren würde. Die Einführung von Apotheken-GmbHs könnte zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, die das System weiter destabilisieren und zu unkontrollierbaren Folgen führen könnten.

Position 2: Die Chancen einer Apotheken-GmbH – Ein Schritt in die Zukunft

Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die eine Apotheken-GmbH als eine notwendige Reform betrachten, um das Apothekenwesen zukunftsfähig zu gestalten. Diese Position stützt sich auf die Chance, die Apothekenkrise zu überwinden und gleichzeitig rechtliche und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen.

  • EuGH-Urteil als Wendepunkt: Das jüngste EuGH-Urteil zum Fremdbesitzverbot für Anwälte zeigt, dass eine Reform des Fremdbesitzes unter klaren Bedingungen möglich und EU-rechtskonform ist. Die Entscheidung öffnet die Tür für eine ähnliche Struktur auch im Apothekenwesen, wenn sie sicherstellt, dass nur Pharmazeuten als Gesellschafter aufgenommen werden.

  • Lösung für die Apothekenkrise: Deutschland sieht sich mit einem dramatischen Rückgang der Apothekenzahl konfrontiert. Jeden Monat schließen Apotheken, und viele junge Pharmazeuten sind nicht bereit, das unternehmerische Risiko einer Apotheke zu übernehmen. Die Einführung von Apotheken-GmbHs könnte ein Weg sein, diesem Trend entgegenzuwirken und Apotheken als Geschäftsmodell wieder attraktiver zu machen.

  • Haftungsbeschränkung als Anreiz: Für viele junge Apotheker stellt die persönliche Haftung mit dem gesamten privaten Vermögen ein enormes Risiko dar. Eine GmbH-Form würde es ermöglichen, diese Haftung zu beschränken, was die Gründung und Übernahme von Apotheken für viele Pharmazeuten deutlich attraktiver machen würde.

  • Steuerliche und betriebliche Vorteile: Eine GmbH würde den Apothekeninhabern steuerliche Spielräume bieten, etwa die Möglichkeit, Gewinne nicht sofort versteuern zu müssen, sondern für Investitionen wie Digitalisierung oder Modernisierung zurückzuhalten. Das würde Apotheken helfen, sich langfristig besser im Wettbewerb zu positionieren und ihre Zukunft zu sichern.

  • Erhalt der Apothekenfreiheit: In einer gut strukturierten Apotheken-GmbH, in der nur Pharmazeuten Gesellschafter sind, bleibt die Unabhängigkeit von finanziellen Interessen gewahrt. Es wird kein Einfluss von rein gewinnorientierten Investoren ausgeübt, was den freien Beruf des Apothekers schützt und gleichzeitig die Qualität der Versorgung sicherstellt.

  • Wettbewerbsvorteil gegenüber Versandapotheken: Eine flexiblere Gesellschaftsform könnte es deutschen Apotheken ermöglichen, besser im Wettbewerb mit internationalen Versandapotheken zu bestehen. Insbesondere durch die Reduzierung von Haftungsrisiken und eine verbesserte steuerliche Planung könnten Apotheken besser auf die Herausforderungen des Marktes reagieren.

Fazit:

Die Frage, ob Apotheken-GmbHs zugelassen werden sollen, ist nicht leicht zu beantworten. Während die Kritiker vor den potenziellen Risiken warnen, bieten die Befürworter eine überzeugende Vision für eine zukunftsfähige Apothekenlandschaft. Es wird entscheidend sein, die rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen einer solchen Reform sorgfältig abzuwägen, um das Apothekensystem zu modernisieren, ohne seine grundlegenden Prinzipien zu gefährden.

Quellen:

https://www.apotheke-wirtschaft.de/heftarchiv/2025/10/in-einer-solch-existenziellen-situation-darf-es-keine-denkverbote-geben.html

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2025/06/16/irrweg-apotheken-gmbh

 

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