Wie viel ist meine Praxis wert? Ein einfacher Leitfaden zur Praxisbewertung

Die Frage, wie viel Ihre Praxis wert ist, ist für viele Ärzte und Apotheker eine der wichtigsten, wenn sie an einen Verkauf oder eine Übergabe denken. Ob Sie nun eine Zahnarztpraxis, eine Hausarztpraxis oder eine Apotheke besitzen – der Wert Ihrer Praxis ist nicht einfach zu bestimmen. Doch es gibt ein bewährtes Verfahren, das Ihnen dabei hilft, eine realistische Einschätzung zu bekommen: das modifizierte Ertragswertverfahren.

In diesem Blogbeitrag erkläre ich Ihnen, wie das Verfahren grundlegend funktioniert, was den Wert Ihrer Praxis beeinflusst und warum der Goodwill (der immaterielle Wert Ihrer Praxis) dabei eine wichtige Rolle spielt.

Das Ertragswertverfahren – So funktioniert’s

Das Ertragswertverfahren ist eine der gängigsten Methoden zur Bewertung von Praxen, sowohl für Ärzte als auch für Apotheken. Es basiert auf dem Prinzip, dass der Wert einer Praxis direkt von den zukünftigen Gewinnen abhängt, die die Praxis erwirtschaften wird.

1. Wie wird der Wert berechnet?

Im Wesentlichen betrachtet das Ertragswertverfahren den durchschnittlichen Jahresgewinn der Praxis und berechnet, wie viel dieser Gewinn in der Zukunft wert ist. Dazu werden die zukünftigen Gewinne mit einem bestimmten Zinssatz abgezinst.

Formel des Ertragswertverfahrens:

Praxiswert = Durchschnittlicher Jahresgewinn / Kapitalisierungszinssatz

Der Kapitalisierungszinssatz ist der Prozentsatz, mit dem die zukünftigen Erträge abgezinst werden. Üblicherweise liegt dieser Zinssatz zwischen 4 % und 6 %, je nachdem, wie stabil die Praxis und ihre Einnahmen sind.

Beispielrechnung:

Stellen Sie sich vor, Sie sind Besitzer einer Zahnarztpraxis. Ihr jährlicher Gewinn liegt bei 150.000 €.

Wenn wir einen Kapitalisierungszinssatz von 5 % annehmen, würde der Wert Ihrer Praxis so berechnet:

Praxiswert = 150.000 € / 0,05 = 3.000.000 €

Das bedeutet, dass Ihre Praxis laut dem Ertragswertverfahren etwa 3 Millionen Euro wert ist.

Was passiert, wenn der Gewinn steigt oder fällt?
Wenn Ihr jährlicher Gewinn zum Beispiel auf 200.000 € steigt, erhöht sich der Wert der Praxis auf:

Praxiswert = 200.000 € / 0,05 = 4.000.000 €

Je höher der Gewinn, desto höher der Wert der Praxis.

Der Goodwill – Was ist das und warum ist er so wichtig?

Neben dem „harten“ Wert, der durch den Gewinn und die Kapitalisierung bestimmt wird, gibt es auch den Goodwill. Der Goodwill ist der immaterielle Wert Ihrer Praxis. Dazu zählen:

  • Der Patientenstamm: Ein treuer Patientenstamm hat einen hohen Wert. Er ist oft der wichtigste Bestandteil des Goodwills.

  • Der Ruf der Praxis: Eine etablierte Praxis mit gutem Ruf hat einen höheren Goodwill, da neue Patienten und potenzielle Käufer bereit sind, mehr zu zahlen.

  • Langfristige Verträge und Beziehungen: Wenn Ihre Praxis langfristige Verträge oder stabile Beziehungen zu externen Partnern (z.B. Krankenkassen, Lieferanten) hat, steigert das den Goodwill.

  • Erfahrenes Personal: Eine gut eingespielte und erfahrene Belegschaft kann ebenfalls den Goodwill der Praxis erhöhen, da die Kontinuität und Qualität der Arbeit erhalten bleibt.

Wie wird der Goodwill berechnet?

Der Goodwill wird häufig als Prozentsatz des Jahresgewinns oder als fester Betrag zum Praxiswert hinzugerechnet. In vielen Fällen liegt der Goodwill bei etwa 10 % bis 30 % des Praxiswertes. Wenn wir das Beispiel von oben nehmen und davon ausgehen, dass der Goodwill 20 % des Praxiswertes ausmacht, würde der Goodwill in diesem Fall so berechnet:

Goodwill = 20 % × 3.000.000 € = 600.000 €

Der Gesamtwert Ihrer Zahnarztpraxis würde also 3.600.000 € betragen, wenn der Goodwill mit eingerechnet wird. Selbstverständlich ist stets der Einzelfall zu berücksichtigen, hier kommt es dann auf die Details Ihrer Praxis an.

Gilt das auch für Apotheken?

Ja, das Ertragswertverfahren kann auch auf Apotheken angewendet werden. Der Wert einer Apotheke wird ebenso durch den durchschnittlichen Jahresgewinn bestimmt, wobei auch hier der Goodwill eine wichtige Rolle spielt.

Für Apotheken ist der Patientenstamm genauso wichtig wie für Ärzte die Patientenbeziehungen. Darüber hinaus können auch die Verträge mit den Krankenkassen und die Lagerbestände den Wert der Apotheke beeinflussen. Daher wird das Verfahren genauso angewendet wie in der Praxisbewertung von Arztpraxen.

Zusammenfassung:

  • Das modifizierte Ertragswertverfahren ist eine zuverlässige Methode, um den Wert Ihrer Praxis zu bestimmen.

  • Der Goodwill spielt eine entscheidende Rolle, insbesondere der Patientenstamm und der Ruf der Praxis oder Apotheke.

  • Ein Beispiel zeigt, dass der Wert einer Zahnarztpraxis bei einem jährlichen Gewinn von 150.000 € und einem Zinssatz von 5 % bei etwa 3 Millionen Euro liegt.

  • Apotheken können dasselbe Verfahren anwenden, da der Wert einer Apotheke ebenso von den zukünftigen Gewinnen abhängt.

Wenn Sie überlegen, Ihre Praxis oder Apotheke zu verkaufen, ist es sinnvoll, sich eine präzise Bewertung einzuholen, um sicherzustellen, dass Sie einen fairen Preis erzielen. Der Goodwill und die finanziellen Kennzahlen sind dabei die Schlüsselfaktoren, die den Wert bestimmen.

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